Die Hauskatze - Forschung im Solling
Auszüge aus der Diplomarbeit:
Untersuchungen zum Raum-Zeit-System freilebender Hauskatzen (Felis silvestris f. domestica)
1996, Institut für Wildbiologie und Jagdkunde Universität Göttingen, Institut für Zoologie Universität Gießen, von Karsten Hupe
Die Hauskatze wurde sehr wahrscheinlich durch die Ägypter domestiziert und erreichte bald, als Verkörperung der Göttin für Liebe, Fruchtbarkeit und Verführung (ca. 1500 v.Chr.), große Verehrung. Die Vergötterung der Katze hielt bis zur Eroberung Ägyptens durch die Römer an. Den Wert als Mäusejäger erkennend, verhalf der König von Wales der Katze im 9.Jahrhundert zu neuem Ansehen.
Vom 14.-17. Jahrhundert wurde die Katze für kirchliche sowie gesellschaftliche Probleme mitverantwortlich gemacht und vielfach gefoltert und getötet. Hierbei wurde eine enge Beziehung zwischen Hexen und Katzen hergestellt.
Im 20. Jahrhundert erlangte Felis libyca f. catus eine große Popularität als Haustier, und löste 1995 den Hund als beliebtestes Haustier in Deutschland ab.
Trotz der hohen Anzahl von ca. 6 Millionen Hauskatzen in bundesdeutschen Haushalten, von denen aufgrund eines hohen Anteils an freilaufenden Tieren die ökologische Wirkung einer Wildtierart ausgeht, liegen in Deutschland bisher keine radiotelemetrischen Studien zum Raum-Zeit-System der Hauskatze vor.
Die Hauskatze wird in der angelsächsischen Literatur als "feral cat, feral house cat, domestic cat, house cat, farmland cat, und free ranging cat" bezeichnet. Es ist offenkundig, daß diese Bezeichnungsvielfalt die ökoethologische Spannbreite der Hauskatze von dem Zierkätzchen bis zur verwilderten Hauskatze abzudecken versucht.
Relativ gut untersucht ist die Nahrungsökologie der Hauskatze. Vor allem verwilderte Hauskatzen, standen bei vielen Autoren im Vordergrund (u.a. Goldschmidt - Rothschild, Lüps 1976, Jones 1977, Macdonald & Apps 1978, Dards 1981, Jones & Coman 1981, Brother et al. 1985, Apps 1986, Berruti 1986, Nogales et al. 1990, Bloomer & Bester 1991). Die Ergebnisse dieser Studien belegen die große Flexibilität der Hauskatze in der Nahrungswahl.
Untersuchungen über die Aktionsraumgrößen von Hauskatzen (Liberg 1980, Panaman 1981, Warner 1985, Turner & Mertens 1986,) und verwilderten Hauskatzen (Dards 1978, Liberg 1980, Jones & Coman 1982, Apps 1986, Fitzgeralg & Karl 1986, Konecny 1987, Haspel & Calhoon 1989, Langham & Porter 1991) wurden überwiegend im angelsäschsichen Sprachraum durchgeführt.
Auf grund der Wissenslücken über die Freilandökologie sowie die ständigen Diskussionen über den Einfluß der Hauskatze auf die Kleintierfauna, besteht die dringende Notwendigkeit weiterer Feldarbeiten über diese Tierart. Weiterhin bestehen große Kenntnisdefizite über die interspezifischen Beziehungen zwischen Hauskatze und Wildkatze. Das Ziel dieser Arbeit war es dahermit Hilfe der Radiotelemetrie das Raum - Zeit System und Aktivittsverhalten einer Gruppe von Hauskatzen zu untersuchen.
Zusammenfassung
In Deutschland leben ca. 6 Millionen Hauskatzen (Felis silvestris f. domestica). Bisher liegen nahezu keine Untersuchungen über deren Raum-Zeit-System vor. Dies ist erstaunlich, da z.B. der Einfluß der freilaufenden Hauskatzen auf die heimische Vogelwelt vermehrt diskutiert wird. Auch das Wissen über die Raumüberlappung von Wildkatzen und Hauskatzen ist für den Schutz der Wildkatzen von wesentlicher Bedeutung. Es wurden daher in einem ländlich strukturierten Gebiet von Februar bis August 1995 sieben freilaufende Hauskatzen radiotelemetrisch markiert, um die Aktionsraumgröße, Habitatpräferenz, Aktivitätsrhythmik und Lokomotion zu untersuchen. Hierfür wurden ca. 10000 Kilometer mit dem PKW zurückgelegt, und es konnten insgesamt 4468 Lokalisationen erhoben werden (Æ 638 Lokalisationen/Katze).
Die Größe der Gesamtaktionsräume lag für die weiblichen Katzen zwischen 4 und 15 Hektar, die der männlichen Tiere waren z.T. um das 10- fache größer und betrugen 9 bis 200 Hektar (95% Minimum-Convex-Polygon). Die zeitliche Differenzierung der Aktionsräume in Tag- und Nachtaktionsräume zeigte einen um 34% größeren Nachtaktionsraum. Die Kerngebiete (50% Kernel estimation) zeigten eine Größe von 0,05 bis 9,90 Hektar und korrelierten signifikant mit den Gesamtaktionsraumgrößen. Die durschnittliche Überlappung der Gesamtaktionsräume der Hauskatzen betrug annähernd 47 Prozent, während Kerngebiete zu 16 Prozent überlappten. Kerngebietsüberlappungen waren, im Gegensatz zu den Gesamtaktionsräumen, nicht bei allen Tieren zu beobachten.
Die größte Bevorzugung war für die Habitatkategorie Siedlung zu beobachten. Die Ackerflächen und der Wald wurde von den Hauskatzen stark gemieden. Eine konstant geringe Meidung konnte bei alle sieben Katzen für die Habitatkategorie Weg festgestellt werden.
Die circadiane Aktivitätsrhythmik der sieben Katzen war als diphasisch zu bezeichnen, mit Aktivitätsmaxima zum Sonnenaufgang und -untergang. Besonders große individuelle Unterschiede traten vor allem bei den weiblichen Tieren auf. Eine zeitliche Differenzierung der Laufgeschwindigkeit über den Tagesverlauf, ergab in der Nacht, mit 206 Metern pro Stunde, eine annähernde Verdoppelung der Laufgeschwindigkeit gegenüber dem Tag.
Weitere Arbeiten z. B. zum Raum-Zeit-System, zum Räuber-Beute-Verhältnis und zu dem Verhältnis Hauskatze/Wildkatze sind aufgrund der aktuellen Disskussion um die Schädlichkeit der freilaufenden Hauskatzen dringend erforderlich.